Neue Berichtspflichten für die Schweizer Kunststoffindustrie
Zunehmende Kundenanforderungen und Berichtspflichten führen dazu, dass immer mehr Unternehmen ihre Emissionen erheben. Was bedeutet das für KMU aus der Schweizer Kunststoffindustrie?
[Marcel Niederberger von Zelsius]
Der Druck auf Schweizer KMU aus der Kunststoffindustrie nimmt stark zu. Müssen sie jetzt auch einen Nachhaltigkeitsbericht schreiben – oder reicht gesunder Menschenverstand? In diesem Beitrag fassen wir zusammen, welche Pflichten heute gelten, welche Reformen in Vorbereitung sind und warum es sich für KMU lohnt, schon jetzt aktiv zu werden.
A) Nichtfinanzielle Berichterstattung in der Schweiz
Mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative wurden im Schweizer Obligationenrecht (Art. 964a ff. OR) neue Vorschriften zur nichtfinanziellen Berichterstattung eingeführt. Seit Januar 2024 müssen grosse Unternehmen Rechenschaft über Umweltbelange ablegen, insbesondere CO2-Ziele und die Angabe sämtlicher Treibhausgase. KMUs aus der Kunststoffindustrie sind von dieser gesetzlichen Berichtspflicht ausgeschlossen, müssen jedoch zunehmend eigene Emissionsdaten an Grosskunden berichten.
B) Verbot von Greenwashing
Ab Januar 2025 handeln Schweizer Unternehmen (unabhängig von der Unternehmensgrösse) gemäss UWG unlauter, wer «Angaben über sich, seine Werke oder Leistungen in Bezug auf die verursachte Klimabelastung macht, die nicht durch objektive und überprüfbare Grundlagen belegt werden können.» Darunter fallen z. B. Claims wie «nachhaltig», «grün» oder « klimaneutral» in der Werbung oder Unternehmenskommunuikation. Angesichts der Gesetzesänderungen müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Umweltaussagen nachprüfbar sind, um potenzielle Risiken wie negative Medienberichterstattung, rechtliche Beschwerden oder Reputationsschaden zu vermeiden.
C) Klima- und Innovationsgesetz
Gemäss dem neuen Klima- und Innovationsgesetz [Art. 5 KIG] müssen alle Unternehmen spätestens im Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen aufweisen. Dabei sind mindestens die direkten und die indirekten Emissionen zu berücksichtigen. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, können Unternehmen von jährlich 200 Millionen Franken für neuartige, klimafreundliche Technologien und Prozesse profitieren. Voraussetzung sind u.a. ein Netto-Null-Fahrplan mit einer CO2-Bilanz.
D) CO2-Gesetz
Ab 1. Januar sind im CO2-Gesetz und Verordnung Neuerungen in Kraft: Auf Heizöl, Erdgas oder andere fossile Brennstoffe erhebt der Bund eine Abgabe von 120 Franken für jede Tonne CO2. Neu können sich alle Unternehmen, also auch KMU, von der von der CO2-Abgabe befreien, wenn Unternehmen sich zur Verminderung ihrer Emissionen verpflichten und einen Dekarbonisierungsplan mit einer CO2-Bilanz erstellen. Die revidierte CO2-Verordnung setzt ab 2025 neue Ziele für die Industrie: Bis 2030 eine Reduktion von 35 % (ggü. 1990) erreicht werden, bei Gefahr einer Nichterreichung können die CO2-Abgaben erhöht werden.
E) EU-Gesetzgebung für exportierende Schweizer Zulieferer
Die Ökodesign-Verordnung gilt für Schweizer KMU, wenn sie Produkte auf dem europäischen Markt vertreiben. Der Digitale Produktpass (DPP) mit Materialzusammenstellung und CO2-Bilanz wird für die Kunsstoffindustrie in kommenden Jahren zwingend. Zudem könnten bis zu 50‘000 Schweizer KMU indirekt von der europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und der Berichterstattungspflicht (CSRD) betroffen sein, weil sie als Lieferanten in den Wertschöpfungsketten von grossen und berichtspflichtigen Unternehmen stehen.
Aktuelle Situation in Bundesbern
Der Bundesrat möchte, dass die Schweizer Berichterstattungspflichten mit den strengeren EU-Richtlinien harmonisiert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen zu sichern. Dafür hat er eine Vorlage zur Änderung des Obligationenrechts (Transparenz über Nachhaltigkeitsaspekte) in die Vernehmlassung geschickt, wonach eine grössere Anzahl Unternehmen Bericht erstatten müsste. Gleichzeitig hat das EU-Parlament die Omnibus-Verordnung lanciert, welche die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Sorgfaltspflichten für Unternehmen vereinfachen soll, um so den Compliance-Aufwand zu verringern. Nun wird der Bundesrat über das weitere Vorgehen entscheiden, sobald die EU über ihre angekündigten Vereinfachungen entschieden hat, spätestens jedoch im Frühjahr 2026. Konkret bedeutet die Omnibus-Verordnung für Schweizer Unternehmen, dass sich das Schweizer Recht (OR Art. 964 Bst. a-c) voraussichtlich nicht ändern wird, bis die EU weitere Klarheit geschaffen hat.
Erste Schritte für KMU
Schweizer KMU in der Kunststoffindustrie sollen abklären, ob ihr Unternehme von erhöhten Kundenanforderungen und gesetzlichen Berichtspflichten betroffen sein wird. Stellen Sie sich die folgenden Fragen:
- Bestehende oder geplante Exporte in die EU?
- Direkter Zulieferer von grossen Unternehmen (CH/EU)?
Zweitens eröffnen sich durch die Klimaberichterstattung auch Chancen, die nicht unterschätzt werden sollten. Klären Sie ab, inwiefern Ihr Unternehmen vom Klimaberichtserstattung profitieren könnte?
- Spielt der Ausweis von Klimakennzahlen aktuell oder künftig eine Rolle bei Kundenakquise und Ausschreibungen?
- Führt CO₂-Management bei uns zu finanziellen Vorteilen, z.B. durch Befreiung von CO2-Abgaben, Senkung von Energiekosten?
- Spielt Klimaschutz bei der Arbeitgeberwahl junger Ingenieure und Fachkräfte eine Rolle?
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